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Kommentar eines Kernphysikers dazu


Zur Minderung des "Restrisikos" globaler, atomarer Verstrahlung

Ein (n+1)-ter Beitrag zur Atomdiskussion (2011)

Wenn ich die Reaktor-Katastrophe in Fukushima richtig verstanden habe, verläßt man sich bei Atomkraftwerken (AKW) darauf, daß permanent gekühlt werden kann.

Das ist so, als würde man einen Kaminofen aus Holz zimmern und Tag und Nacht mit dem Feuerwehrschlauch danebensitzen, um das schmorende Holz zu kühlen. Wenn das Wasser ausfällt, brennt halt das Haus ab: Schicksal.

Wenn ich die Konstruktion der Reaktorbehälter von Tschernobyl und Fukushima richtig verstehe, dann sind diese aus statischen Gründen nach unten halbkugelförmig ausgeformt. Nach meinem Verständnis ergibt das den unschätzbaren Vorzug, daß im Falle einer Kernschmelze das nun flüssige Material in der Mitte zusammenläuft und richtig überkritisch wird.

Es ist so, als würde der Motor meines Autos beim Bruch des Gasbowdenzugs Vollgas geben. Bravo, liebe Kollegen Ingenieure und Gutachter, vielleicht sollten Sie lieber Vorschriften für Sandburgenbau entwickeln: Das ist ungefährlicher.

Bei einem AKW brennt nicht nur das Häuserviertel ab. Mit Fukushima wird der ganze ferne Osten verstrahlt. Für diesen Wahnwitz hat der Staat (haben Behörden und Kommissionen) übrigens auch in Japan Betriebserlaubnis erteilt.

Warum wird kein Untergrund verwendet, der bei fehlender Kühlung ("Durchbrennen") die Kernreaktion automatisch zum Versiegen bringt? Bei Wasserausfall (Kernschmelze) könnte das radioaktive Material z.B. in auf einen nach außen abfallenden Beton-Konus im Untergrund sinken um sich in radialen Rillen auszubreiten, die mit einem Neutronenabsorber, wie Borcarbid-Granulat bedeckt sind. Dort könnte das radioaktive Material selbständig verglasen. Eine Kettenreaktion wird im Ansatz unterbunden, die Reaktion stoppt automatisch.

Stürzt dann noch eine auf Gittern und Schmelzfolie präparierte Decke aus meterdickem Borsand über dem Reaktor ein, dichtet sie automatisch von oben ab. Liegt das Abklingbecken deutlich unter Erdniveau, kann es danach von ferngesteuerten Bulldozzern zugeschoben werden. Luftverstrahlung und atomarer Supergau fallen aus.

Tschernobyl hätte nicht die zwei Schutzhüllen gebraucht. Fukushima wäre nicht passiert. Millionen Menschen wären nicht einer sehr hohen Strahlung ausgesetzt worden. Die Weltwirtschaft würde nicht der schwersten Krise seit Jahrzehnten entgegen sehen.

Was also wäre zu tun?

Da es also technisch machbar erscheint, müssen wir weltweit fordern:

1) Betriebserlaubnis kann nur erteilt werden, wenn das Restrisiko atomarer Verstrahlung bei vollständigem Ausfall ALLER Kühl- und Notkühlsysteme NULL ist, d.h. wenn sich der Meiler ohne Einwirken des Menschen sofort vollständig selber löscht.

2) Damit Tschernobyl nicht wieder passiert, ist zusätzlich zu fordern, daß die Kettenreaktion bei Kühlausfall sofort selbständig abklingen muß (Eigenstabilität).

Der Meiler darf unter keinen Umständen hochgehen, wenn der Moderator verdampft oder die Steuerstäbe eingefahren werden. Ein positiver Dampfblasenkoeffizient (Void-Koeffizient) ist unter allen Umständen unzulässig. Er ist vergleichbar einer Atombombe, die zündet, sobald alles Wasser verdampft ist (Tschernobyl-Klasse): Gleich in welchem Land: Der Betrieb solcher Reaktoren ist als grob fahrlässig zu bezeichnen, er grenzt an Wahnsinn!

Konstrukteure und Betreiber von AKW müssen umdenken:
Bevor es zu spät ist.
Die Menschheit will überleben.

G. Heinz, 17.3.2011


ergänzt 5.6.2011, neues Layout 22.10.2021, ergänzt 26.4.2023





PS1: Bliebe den Grünen noch zu sagen, daß Energie aus Fossilien, wie Kohle, nicht die geringste Alternative darstellt. Abgesehen von der CO2-Emission strahlt die Asche aus Kohlenkraftwerken viel stärker, als alle AKW zusammen.

10.000 Tonnen Uran werden jährlich weltweit aus Kohleasche an die Umwelt abgegeben (Stand 2017): (Link) auf Wikipedia. China gewinnt Uran aus Kohleasche, in den USA wurden zwischen 1960 und 1970 etwa 1000 Tonnen Uran aus Kohlenasche gewonnen.

Denken wir über Energie nach, dann fällt Kohle folglich sofort aus. Gas fällt ebenfalls aus, wenn wir uns an den Winter 2005/2006 in der Ukraine erinnern: Fast hätte Russland für Europa den Hahn abgedreht. Bleiben folglich nur "saubere" Kernkraftwerke, weil Wind, Wasser und Solar nicht permanent vorhanden sind.

Aber es paßt natürlich viel besser zu grüner Ideologie, die sofortige Abschaltung der Kernkraft zu fordern, um dann die Kernenergie in Frankreich, Polen oder der Tschechei zu kaufen. Max Otte spricht in seinem Buch "Der Crash kommt" von der wachsenden Akzeptanz der Volksverführer in Zeiten der Krise.

PS2: Es macht einen Unterschied, ob wir über Luftverstrahlung oder Grundwasserverseuchung reden. Während eine AKW-Explosion je nach Wucht alles im Umkreis von hunderten Kilometern für Jahrtausende verstrahlt, kommt eine Grundwasserverseuchung pro Jahr nur ein paar Meter voran. Man hat beim Grundwasser vergleichbar sehr viel Zeit für überlegte Gegenmaßnahmen. Luftsicherheit geht folglich weit vor Grundwasser-Sicherheit. Sie sollte durch Grundwasser-Diskussionen nicht blockiert werden.

PS3: Concerning Fukushima and in reaction on my paper, Francis Farley (aged 90, earlier at CERN) wrote some very important personal notes about Nuclear Power.


Fördern wir also besser das Nachdenken als den Ausstieg oder den Ausstieg aus dem Ausstieg!