Somatotopie

(G. Heinz für Wikipedia)

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Versionsgeschichte
Diesen Beitrag stellte ich Ende 2005 zusammen mit Beiträgen zu Somatotopie und Akustische Kamera auf Wikipedia. Leider wurden diese Beiträge 2006 ohne Rückfrage gelöscht. Die Materie ist offenbar noch zu unbekannt, man verzeihe den Unwissenden. Wissenschaft ist halt auch nur getragen vom Glauben. Wer hat schon die Chance, eine komplexe Theorie sofort zu begreifen? Offenbar geht der Mensch mit neuem Wissen zu allen Zeiten so um, wie zu Keplers Zeiten. gh


Der Begriff stellt eine Zusammensetzung von soma (Körper) und topos (Ort) dar. Man bezeichnet mit somato-topischen Projektionen eine Sensibilitätszuordnung zwischen Haut- und Körperarealen.

Anatomie

Neurologen ist bekannt, daß krankhafte Veränderungen an inneren Organen eine Sensibilisierung bestimmter, dem Organ zuordenbarer Hautareale (Dermatome) bewirken (siehe auch Kinesiologie). Auch wissen wir, daß eine Durchtrennung bestimmter Nerven bzw. bestimmter Nervenfasern eine sensorische Versorgung bestimmter Körperareale abschaltet, bzw. oberflächlich zuordenbare Empfindungsstörungen bewirkt. So werden bei Querschnittslähmungen je nach Lage bestimmte untere Körperpartien sensorisch abgeschaltet. Einige zentrale Nerven, die jeweils mehrere hundert Nervenfasern tragen, sind autonom ganzen Körperpartien zugeordnet, z.B. in den Armnerven oder im Rückenmark. Kommen wir hingegen in die Mikrowelt der Nervenfasern, finden wir immer stärkere Überlappung der den Fasern zugeordneten Areale. Hier bewirkt ein Einzel-Faserriß allenfalls eine leichte Empfindungsstörung. Nervenfasern versorgen Dermatome stark überlappend. Mehrere hundert Fasern verschiedener Typen innervieren jeden Quadratzentimenter der Haut. Andererseits verästelt und verzweigt jede einzelnen Nervenfaser über dutzende Quadratzentimeter. Damit schützt sich die Natur vor sensorischen Ausfällen. Versagt eine Faser, übernehmen andere die Funktion. Eine Nervenfaser lebt durchschnittlich nur wenige Jahre. Ein Ausfall darf nicht zu Störungen der sensorischen Empfindlichkeit führen.

Physikalische Interpretation

Wie nun ist es uns möglich, eine millimetergroße Fläche, z.B. von einem Nadelstich, zu orten, wenn doch dutzende Nervenfasern diese Information zum Gehirn tragen, deren jede dutzende Quadratzentimeter versorgt? Ein einzelner Nadelstich bringt vielleicht schon dutzende Nervenfasern in Erregung. In der Theorie lernender, neuronaler Netzwerke gelingt es, durch gewichtete Verknüpfungen ähnliche Dermatom-Zuordnungen zu simulieren, vgl. Kohonens Feature Maps. Es entstehen im Wesen seitenrichtige Kartierungen zwischen Quelle und Senke. Nun sind uns aber aus der Natur auch spiegelverkehrte Abbildungen bekannt: Fledermausohren erzeugen spiegelnde Karten im Hirn; der Homunculus bildet den Körper spiegelbildlich ab. Zwischen sendenden und empfangenden Feldern im Cortex spiegelt es. Selbst mit unseren Augen sehen wir kopfstehend, durch die Augenlinse wird auf der Retina ein spiegelverkehrtes Abbild erzeugt. Aber genau diese spiegelverkehrten Abbildungen sind durch Gewichtsnetzwerke nur äußerst mühevoll darstellbar!

Somatotopische Projektionen

Um zu spiegelverkehrten Abbildungen zu kommen, haben wir unsere Modellbildung um eine Winzigkeit zu perfektionieren. Wir haben zwei weitere Details zu beachten: Nervenimulse sind nadelscharf, und diese schmalen 'Spikes' fließen äußerst träge dahin, mit Leitgeschwindigkeiten im Bereich von Zentimetern bis Metern pro Sekunde. Unter Beachtung dieser zwei Eigenschaften beginnen die Netzwerke in der Simulation plötzlich - vergleichbar zu einer optischen Linsenabbildung - prinzipiell spiegelverkehrt abzubilden. Schmale Spikes sorgen in Verbindung mit langsamen Leitgeschwindigkeiten für scharfe Lokalisierungen. Beziehen wir diese Eigenschaften in ein Netzwerk mit ein, so kommen wir zu interferenziellen Wellenabbildungen, zu Interferenznetzwerken. Diese haben eine Reihe sehr interessanter Eigenschaften. Hier wird z.B. die Auflösungsgrenze d.h. die sensorisch noch auflösbare Unterscheidung zweier Orte, nicht mehr durch die Innervationsdichte bestimmt! Sobald eine bestimmte Mindestinnervation von etwa drei unabhängigen Fasern pro betrachtetem Ortspunkt vorliegt, wird sie direkt zu einer Funktion der geometrischen Wellenlänge s:

s = vT

wobei T die Pulsdauer und v die Leitgeschwindigkeit darstellen mögen. (Die reale Auflösungsgrenze der Haut liegt im Bereich zwischen zwei Millimetern in der Fingerkuppe und einigen Zentimetern auf dem Rücken.) Auch sind diese Netzwerke äußerst robust gegen Ausfälle einzelner Kanäle (Fasern). Die Ortung bleibt in großen Bereichen der Innervationsdichte konstant.

  • Beispiel
    Ein Nervenimpuls der Dauer von einer Millisekunde besitzt bei einer Leitgeschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde eine geometrische Pulslänge von einem Millimeter. Gehen von einem Emissionsort mehrere Spikes aus, so ist es anschließend möglich, deren Interferenzort im Genauigkeitsbereich der geometrischen Pulslänge zu kartieren. So lange eine Mindestinnervation vorliegt, ist die entstehenden Auflösung nahezu unabhängig von der Innervationsdichte. Sie ist nur abhängig von der Pulsdauer und der lokalen Leitgeschwindigkeit im Dermatom sowie von der Feuerrate, diese bestimmt den Anteil von Fremdinterferenzen.

Siehe auch

Weblinks