Tagesspiegel online
Anzeige
Nachrichten
Markt
Community
Service
Programm
Finder
Essen&Trinken

Tagesübersicht der gedruckten Ausgabe...

Archiv

Anzeigenmarkt

Service


Sonderthemen
29.11.2003

Wenn Geräusche sichtbar werden Eine Kamera von Gerd Heinz

kommt dem Lärm auf die Spur

Geräusche sehen, Farben schmecken, Licht riechen – das ist nun mal mit der menschlichen Ausstattung an Sinnesorganen nicht zu machen, sollte man meinen. Gerd Heinz ist da anderer Meinung, zumindest, was das Sehen von Geräuschen betrifft. Zusammen mit seinen Mitarbeitern Dirk Döbler, Patrick von Pflug und Swen Tilgner hat er eine Kamera entwickelt, die Schallwellen und ihre Reflektionen sichtbar macht. Die „Akustische Kamera“, entwickelt an der GFaI, der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik in Adlershof, zeichnet Schallquellen auf und bildet sie ab, ähnlich einem Wärmebild.

Die „Akustische Kamera“ besteht aus einer Gruppe von Präzisionsmikrofonen, die, je nach Einsatzgebiet und Schallquelle, kreis-, stern- oder kugelförmig angeordnet sind. In ihrer Mitte befindet sich eine Foto- oder Videokamera. Die elektrischen Signale der Mikrofone werden nach Amplitude, Frequenz und Phase analysiert und über einen Computer in Bildsignale umgewandelt. Das Foto oder Video – auch Bewegtaufnahmen in Zeitlupe sind möglich – zeigt den gemessenen Gegenstand: Falschfarben markieren den Ort der größten Geräuschentwicklung, die lautesten Stellen zum Beispiel sind rot eingefärbt.

„Als uns 1997 das erste Schallbild einer Boeing 737 gelungen ist, traute ich meinen Augen kaum“, erzählt Gerd Heinz. „Die lautesten Stellen traten nicht, wie erwartet, auf beiden Seiten der Maschine, rund um die Triebwerke auf, sondern übereinander und nur auf einer Seite. Eines der abstrahlenden Triebwerke und die Schallreflektion darunter waren markiert. Auf Nachfrage wurde auch klar, warum: Das andere Triebwerk war abgeschaltet. Akustisch war das aus der Ferne nicht zu unterscheiden.“

Mit der Kamera kann die Geräuschentwicklung aber nicht nur direkt am Objekt gemessen werden, es lassen sich auch Aussagen über die Ausstrahlung und Fernwirkung machen. Außerdem lassen sich Geräusche in einem lauten Umfeld besser orten. Die Kamera kann akustische Ereignisse sichtbar machen, die sonst überlagert werden.

Bislang ließ sich die Lärmquelle einer größeren Maschine nur ausfindig machen, indem man sie zerlegte und in einen schallisolierten Raum schaffte, um sie dort zu vermessen. Jetzt lassen sich selbst rollende Fahrzeuge im Alltagsbetrieb kartieren.

Das scheint vor allem in der Fahrzeugindustrie eine immer wichtigere Rolle zu spielen, 90 Prozent der Käufer sind aus dieser Branche. Dort wird die Entwicklung in erster Linie eingesetzt, um herauszufinden, welche Teile des Motors am lautesten sind. Denn somit lässt sich generell die Lärmemissionen von Fahrzeugen verringern. Die akustische Kamera wird aber auch in der Qualitätssicherung verwendet. Dort spürt sie die Quelle einzelner Klapper- oder Knackgeräusche im Innenraum auf – so lässt es sich in Zukunft wohl leiser reisen.

Mehr zum Thema im gedruckten Tagesspiegel:
Wie aus Wissen Arbeit wird
Wofür gibt’s den Preis?
Was die Auszeichnung früheren Preisträgern gebracht hat
Im Auto den Durchblick behalten
Sicherheits-Check für Blutkonserven
Ein Spritzkopf ohne Fremdeinflüsse


Zum Seitenanfang 2002 © Verlag Der Tagesspiegel GmbH