Dem Lärm auf der Spur


Akustische Kamera macht Geräusche sichtbar
 
 

Lärm erzeugt Streß und macht auf lange Sicht krank. Die Palette der Maßnahmen ihn einzudämmen, ist breit gefächert. Sie reicht von der Entwicklung lärmarmer Fahrzeuge bis zu einer gut durchdachten Stadtplanung, die Lärmquellen und Wohngebiete möglichst voneinander trennt. Doch um Schritte zur Bekämpfung des Lärms ergreifen zu können, muß zunächst der Ort seiner Entstehung genau lokalisiert werden.

Akustische Kamera setzt Schall ins Bild

Dr. Gerd Heinz von der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V. ( GFaI) ist dem Lärm von Berufs wegen auf der Spur. Die von ihm und seinem Team entwickelte akustische Kamera lokalisiert Geräusche genau und bildet diese dann exakt ab. Eine Kamera, die statt Licht Schall aufnimmt- das klingt zunächst unglaubwürdig. "Das Prinzip ist relativ einfach", erläutert Heinz. Ein Mikrophonarray mit 32 Mikrophonen in unterschiedlicher Anordnung nimmt die Schallwellen auf. Ein speziell entwickeltes Computerprogramm zaubert anschließend ein coloriertes Schallbild des Untersuchungsgegenstandes auf den PC , wobei die besonders geräuschintensiven Bereiche lila und rot, die geräuschärmeren gelb, grün oder blau dargestellt werden. Überlagert man das Schallbild mit einem Foto des lärmenden Objekts, läßt sich der akute Geräuschherd genau lokalisieren. 

Erstaunliche Einsichten

" Unsere akustische Kamera hat bei Untersuchungen schon manches Mal zu erstaunlichen Einsichten geführt", berichtet Heinz.
So zeigte beispielsweise die Untersuchung eines PKW, dass nicht wie zunächst vermutet der Motor die meisten Geräusche verursacht, 
sondern der vom Asphalt reflektierte Schall von Ölwanne und Vorschalldämpfer. Ähnlich verhält es sich bei Flugzeugen, das Donnern der Düsen wird durch eine Schallreflektion auf der Startbahn verdoppelt, konnte die Akustische Kamera zeigen.

Weltweit konkurrenzlos

Obwohl dem 6-köpfigen Team um Gerd Heinz mit der Akustischen Kamera eine weltweit nahezu konkurrenzlose Entwicklung gelungen ist, ist man bestrebt das Erreichte weiter zu perfektionieren. Während der Prototyp der Kamera nur für Geräuschaufnahmen aus unmittelbarer Nähe geeignet ist, kann das neu entwickelte Fernmeßsytem dank spezieller Hardware Geräusche aus einer Entfernung von einigen hundert Metern genau lokalisieren. Diese Distanz spielt in einem aktuellen Untersuchungsprojekt eine besondere Rolle: Firmen mit großen Pumpstationen für Öl, Erdgas, Wasser oder Abwasser werden immer wieder von Anwohnern verklagt, weil von ihnen betriebene Werkstätten eine unzumutbare Lärmbelästigung darstellen. Da neben der Firma aber meist auch andere Lärmerzeuger aktiv sind, gelingt die Zuordnung der Schallanteile oft nicht. Die GFaI wurde beauftragt, "Störenfriede" mittels neu entwickelter Fernmeßkamera zu ermitteln. 
Ein weiteres aktuelles Projekt beschäftigt sich mit der Geräuschemission von Windkrafträdern. Ein Hersteller von Windkraftanlagen, der einen Windpark mit neu entwickelten Windsegeln bestücken sollte, mußte feststellen, dass die neuentwickelten erheblich mehr Geräusche verursachen als herkömmliche. 
Nun soll die GFaI mit ihrer Geräuschkamera den Konstruktionsfehler im System ausmachen. 

Verkaufsargument geräuscharm

Während zuviel Lärm für viele Produkte das Aus bedeutet, ist wenig Lärm ein nicht zu unterschätzendes Verkaufsargument. 
So beispielsweise bei einem großen Baufahrzeughersteller: Unterstützt von der Technik und dem Know-How der GFaI gelang die Entwicklung geräuscharmer Nutzfahrzeuge. 
Das Verkaufsargument "leisester Bagger" und "leistester Mobilkran" wurde fester Bestandteil der Marketingstrategie und baut auf eine Umsatzsteigerung von 30 Prozent pro Jahr. 
Neuestes Einsatzfeld der akustischen Kamera ist die Innenraumerkundung von Automobilen der gehobenen Preisklasse. Käufer dieser Limousinen erwarten neben einer luxuriösen Innenausstattung auch den Luxus eines dezenten, extrem geräuscharmen Fahrgefühls. Dank GFaI-Technik konnte ein Schwachpunkt eines neuen Serienmodells schnell identifiziert werden. Rollgeräusche drangen aufgrund einer unzureichenden Türabdichtung ins Wageninnere. 
Obwohl Heinz und sein Team mit ihrer akustischen Kamera schon jetzt sehr erfolgreich sind, arbeiten sie bereits an einer weiteren Verbesserung. "Die Bilder haben noch nicht die Qualität, die wir erreichen könnten", stellt Heinz fest. Doch er hat schon eine Idee wo er ansetzen muß: bei der Phasengenauigkeit der Meßmikrophone.... 
Kontakt: GFaI
Dr. Gerd Heinz
Tel: (030) 6392-1624
e-mail: heinz@gfai.de

Adlershof Aktuell, Zeitschrift der Wista-Management GmbH, Dezember 2000, Seite 8


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