Schauen wir uns den Datumsstempel von DDR-Schaltkreisen an, dann entdecken wir eine geradezu unheimliche Prophezeiung: Der Schaltkreis-Aufdruck endet mit dem Buchstaben X im Jahre 1989 und beginnt mit A von vorn im Jahr 1990. Wer war das Genie, das die deutsche Wiedervereinigung schon 1969, also zwanzig Jahre vorher vorhersagte? Warum wurden gerade so viele Buchstaben ausgelassen, daß man 1990 mit dem Buchstaben A von vorn beginnen mußte? Wir wissen es nicht.
Die Funktion von Schaltkreisen sollte bereits am Namen erkennbar sein. Leider war die 1969 erdachte Nomenklatur nicht ausreichend. Deshalb wird hier die Nomenklatur der Praxis angegeben, wie sie in Datenbüchern [3] zu finden ist. Ausnahmen sind einige E-Typen, die I²L-Schaltkreise bezeichnen. Optoelektronische Bauelemente sind nicht erfaßt. Auch Transistoren und Dioden sind nicht erfaßt. Diese nutzen die Zeichen teilweise in anderer Bedeutung.
Erstes Zeichen | Bedeutung |
---|---|
A | analog bipolar |
B | analog bipolar/unipolar (BiFET) |
C | analog unipolar |
D | digital bipolar (TTL) 0...70°C |
E | digital bipolar (TTL) -25...+85°C |
K | analog/digital bipolar (ASIC) |
U | analog/digital unipolar |
V | digital unipolar (TTL) |
Zweites Zeichen | Bedeutung |
---|---|
A | bis 4 MHz |
B | bis 2 MHz |
C | spezielle Parameter |
D | spezielle Parameter |
K | Kunden-IC (ASIC) |
L | Low-Power-Schottky |
S | Schottky oder SMD |
Zur Verwendung des zweiten Zeichens schreibt Rüdiger Rabe:
Nach einer Zahl folgte die Bauform des Gehäuses als Anhängsel.
Gehäuse | Bedeutung |
---|---|
C | Keramik |
D | Plast |
F | Flip-Chip |
G | Sonderbauform |
P | PLCC |
Leider hat jedes zu spät kommende Prinzip Tücken. Es siegten die Ausnahmen. Unsere ersten Kunden-IC waren alle falsch benannt. Wir wußten noch nichts von einer Namens-Norm. Der U1021 wäre eigentlich ein AK1021C gewesen. Und der KA601 hätte AK601 heißen sollen, sein Digitalteil KA602 dann DK602. Beim KD310 wurde dies im Nachgang korrigiert: Leider zuspät, da war der Name DK310 bereits vergeben. Also hieß der KD310 später normgerecht DK410D. Nomen est omen.
Lediglich das Produktionsdatum wurde einheitlich gehandhabt.
Das zweistellige Produktionsdatum steht in der zweiten Zeile des Aufdrucks.
Erstes Zeichen | Bedeutung | Zweites Zeichen | Bedeutung |
---|---|---|---|
A | 1970 | ||
B | 1971 | ||
C | 1972 | ||
D | 1973 | ||
E | 1974 | ||
F | 1975 | 1 | Januar |
H | 1976 | 2 | Februar |
I | 1977 | 3 | März |
K | 1978 | 4 | April |
L | 1979 | 5 | Mai |
M | 1980 | 6 | Juni |
N | 1981 | 7 | Juli |
P | 1982 | 8 | August |
R | 1983 | 9 | September |
S | 1984 | O | Oktober |
T | 1985 | N | November |
U | 1986 | D | Dezember |
V | 1987 | ||
W | 1988 | ||
X | 1989 | ||
A | 1990 |
Lesart: Nach der Typbezeichnung folgt z.B. T4 - der IC wurde im April 1985 hergestellt.
Kürzel | Hersteller | Aufdruck |
---|---|---|
HFO | Halbleiterwerk Frankfurt/Oder (1959-1990) | |
FWE
MME |
Funkwerk Erfurt (bis 1983)
Marx Mikroelektronik Erfurt (ab 1983) |
|
AMD
IMD |
Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (1969-1976)
Institut für Mikroelektronik Dresden (1976-1980) |
|
ZFTM | Zentrum für Forschung und Technologie der Mikroelektronik Dresden (1980-1986) | |
ZMD |
Zentrum für Mikroelektronik Dresden
im Kombinat Carl-Zeiss-Jena (ab 1987) |
|
ZFTN | MME proprietär für Zentrum für Forschung und Technologie der Nachrichtenelektronik Berlin (1987-1990) |
ZFTN |
[1] Riemer, Jörg: Zum Bezeichnungssystem von Halbleiterbauelementen. rfe 8/1988, S.513-14
[2] Kurth, Rüdiger u.a.: Integrierte Schaltkreise. Robotrontechnik Halle (Link)
[3] Thierbach, Herbert: Aktive elektronische Bauelemente. VEB Kombinat Mikroelektronik, Rudolfstr. 47, DDR-5010 Erfurt, Tel. 580, Telex 61306, Band 1 und 2, 1988, Redaktionsschluß Nov.1987
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